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Vision Albert Weisgerber Museum

Presseartikel Saarbrücker Zeitung vom 26.06.2004 (Christoph Schreiner)
Ein ganz reales Märchen - Warum die Zeit der Entscheidung gekommen ist

Das Albert Weisgerber Museum in der Baumwollspinnerei St. Ingbert
Ein Text von Marlen Dittmann

Die signifikante Form der 200m² großen Eingangshalle ins Museum erinnert mit ihrer schmalen Erstreckung, der Reihe raumhoher Fenster und dem hineinströmenden Licht an eine historische Galerie. Und sie wäre vielfältig nutzbar: als Gastronomie mit vorgelagerter Café-Terrasse, als Vortragssaal, für Vernissagen oder Präsentationen. Dieser schlichte Raum erhält architektonische Raffinesse durch die Einbeziehung von Elementen aus der industriellen Vergangenheit. Denn er bietet reizvolle Einblicke auf die alte schmale Maschinistentreppe und in den engen, über die gesamte Bauhöhe führenden Seilschacht mit der historischen Kranbahn, die ein verglastes Deckenoberlicht in helles Licht taucht. Auffordernd schieben sich wenige Stufen in den Raum und führen, wie eine lange bequeme Rampe auch, auf ein den Seilgang querendes Brückenpodest vor das einladend geöffnete Tor in das ca. 2000m² große, als Museum vorgesehene Erdgeschoss des Spinnereigebäudes.

Die aufregende Dynamik der riesigen Halle soll möglichst original erhalten bleiben. Ihr Charakter wird, wie auch der der darüberliegenden Etagen, von gleichsam unendlicher Weite und einen Wald von schlanken genieteten Stahlstützen, die durchlaufende stählerne Unterzüge tragen, bestimmt: sieben lange Reihen mit unterschiedlich breiten Zwischenräumen, senkrecht dazu acht Reihen mit dem gleichmäßigen Abstand von 6,30m. Durch hohe Rechteckfenster mit prägnanten gusseisernen Rahmen verschwenderisch einflutendes Tageslicht umhüllt sie mit dem tanzenden Spiel der Lichtreflexe und verwischt die Begrenzung der Außenmauern. Der Wechsel von schmalen und breiteren Mauerflächen fasst die Fensterreihen. Ausgänge in den Skulpturengarten, der vor der Nordseite angelegt werden könnte, unterbrechen deren Rhythmus ebenso wenig wie die Kastenfenster der Südfassade. Sie schlucken den Lärm von Straße und Eisenbahn und mildern durch einen integrierten Sonnenschutz die einfallenden Strahlen der Südsonne.

Die Auseinandersetzung mit dem vorhandenem Raum und seinem entwickelten Eigenleben bedeutet Potential und Selbstbeschränkung zugleich. So zwingt das vorgegebene Raster der Säulenstellung zu einer konsequenten Raumnutzung, die den originalen Eindruck nicht verändert. Die wenigen Einbauten behindern weder Lichtfluß noch Sicht.

Flexible Stellwände, die sich, ohne Raumweite und -höhe zu verstellen, zwischen das Stützensystem spannen, geben den Hintergrund ab für die ausgestellten Objekte, bilden intime kleine Kabinette oder großzügige Séparées, ermöglichen es den Kunstwerken damit, die ihnen angemessene, je eigene räumliche Umgebung zu entfalten. Die Raumhöhe von fünf Metern und Tageslicht von zwei Seiten schaffen geradezu ideale Bedingungen auch für die Installation von environments, die wiederum ihre Konzeption aus den spezifischen Eigenheiten ihres räumlichen Umfeldes gewinnen.

Sämtliche notwendigen Nebenräume birgt das Kellergeschoss, von Toilettenanlagen bis zu Abstellräumen. Und als Glücksfall zeigt sich auch die 30er-Jahre-Erweiterung des Spinnereigebäudes um eine Befeuchtungs- und Belüftungsanlage mit eigenem Eingang an der östlichen Stirnwand. In diesen Räumen finden bei Bedarf Museums- und Kulturverwaltung der Stadt, unabhängig vom Museumsbetrieb, ausreichend Platz.

Dem sehr behutsamen, minimalistischen Umbau- und Nutzungskonzept entspricht auch der vorgesehene Umgang mit der Haustechnik. Die Kompaktbauweise eröffnet wärmeökologisch optimale Bedingungen. Die Wärmeversorgung der gesamten Anlage erfolgt über eine hausinterne Heizzentrale und Fußbodenheizung in den einzelnen Geschossen. Da natürliche Querlüftung möglich ist, kann auf eine kostspielige Klimatisierung verzichtet werden. Die technischen Möglichkeiten für flexibel zu schaltende Lichtszenarien, ohne umständliche Verkabelung sind mittlerweile so ausgereift und preiswert zugleich, dass eine optimale Beleuchtungssituation hergestellt werden kann.

Die Entwicklung und Umsetzung dieses interessanten Projektes stellt eine neue Herausforderung dar, nicht nur an den Bauherrn und seine Architekten, sondern auch an die Verantwortlichen der Stadt St. Ingbert. Am Ende jedoch stehen der Gewinn einer weit über die Region ausstrahlenden innovativen Museums- und Ausstellungsarchitektur sowie die Revitalisierung eines Stadtgefüges.